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Bürgerinformation zur Grundsteuerreform
Bürgerinformation zur Grundsteuerreform
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 10.08.2018 (1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 889/12) die Bewertungsvorschriften für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Seine Entscheidung hatte das BVerfG damit begründet, dass das Festhalten des Gesetzgebers am Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen führt, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt.
Neben dem eigentlichen Grundsteuerreformgesetz war auch eine Grundgesetzänderung Teil des Reformpakets. Der geänderte Artikel 105 Abs. 2 des Grundgesetzes ermächtigt die Länder nun, vom Grundsteuerrecht des Bundes (Bundesmodell) abzuweichen. Von dieser Länderöffnungsklausel haben mehrere Bundesländer Gebrauch gemacht. Zu ihnen gehört das Land Baden-Württemberg, wo der Landtag am 04. November 2020 das Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) beschlossen hat.
Sowohl im Bundesrecht als auch im Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) wird die Grundsteuer A und B wie im bisherigen Recht in einem dreistufigen Verfahren unter Beibehalten der bisherigen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Finanzamt und gemeindlichem Steueramt ermittelt.
- Im ersten Schritt, dem Bewertungsverfahren, stellen die Finanzämter den Grundsteuerwert fest. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Grundsteuerwertbescheids.
- Im zweiten Schritt wird von den Finanzämtern auf der Grundlage des Grundsteuerwerts der Grundsteuermessbetrag berechnet. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Grundsteuermessbescheids.
- Im dritten Schritt errechnet die Gemeinde die Grundsteuer, indem sie den Messbetrag mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz multipliziert. Durch den Grundsteuerbescheid der Gemeinde wird die Grundsteuer dann gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt.
Für das Grundvermögen (Grundsteuer B) hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg mit dem modifizierten Bodenwertmodell einen eigenen Weg gewählt. Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht relevant. In Baden-Württemberg bleibt die Bebauung eines Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert auf der Ebene der Bewertung damit unberücksichtigt. Der sich ergebende Grundsteuerwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) wird mit der sogenannten Steuermesszahl, für die insbesondere für bebaute Wohngrundstücke ein Abschlag von 30% vorgesehen ist, vervielfacht.
Bei der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) hat der Landesgesetzgeber das Bundesmodell übernommen. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis eines typisierenden durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Während im bisherigen Recht bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Wohngebäude der Betriebsinhaber, seiner Familienangehörigen und die Altenteiler bei der Grundsteuer A mitbewertet worden sind, werden diese zukünftig als eigenes Grundsteuerobjekt bei der Grundsteuer B bewertet.
Aufgrund der neuen, ab 2025 geltenden Bemessungsgrundlagen sind auch die Hebesätze 2025 neu festzusetzen und zu beschließen.
Dies wird der Gemeinderat in seiner Sitzung am 27.11.2025 vornehmen.
Aufkommensneutralität
Die Landesregierung hat an die Kommunen appelliert, im Zuge der neuen Systematik des Landesgrundsteuergesetzes keine Mehreinnahmen gegenüber dem bisherigen Grundsteueraufkommen anzustreben (sog. Aufkommensneutralität). Von kommunaler Seite wurde unterstrichen, dass die Festsetzung der Hebesätze eine originär kommunale Angelegenheit im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts ist.
Belastungsverschiebungen
Die bereits erwähnte Aufkommensneutralität bezieht sich ausschließlich auf das Grundsteueraufkommen in einer Gemeinde insgesamt, nicht jedoch auf die Höhe der Grundsteuer für den einzelnen Steuerpflichtigen. Sinngemäß könnte man sagen, dass die Aufkommensneutralität lediglich eine Aussage darüber trifft, ob man als Gemeinde mit Inkrafttreten der Reform in etwa genauso viele Einnahmen aus der Grundsteuer anstrebt wie zuvor. Auch bei einer aufkommensneutralen Gestaltung in Bezug auf die Grundsteuereinnahmen insgesamt wird es jedoch trotzdem zwangsläufig Verschiebungen im Hinblick auf die zu zahlende Grundsteuer – auf den einzelnen Steuerpflichtigen bezogen – geben. Demnach werden manche Steuerpflichtige, gerade auch bei einer aufkommensneutralen Hebesatzgestaltung, mehr bezahlen müssen und andere wiederum weniger als bisher. Dieser Umstand wird häufig als sogenannte „Belastungsverschiebung“ beschrieben. Die Belastungsverschiebungen ergeben sich insbesondere zwischen verschiedenen Grundstücksarten.
Belastungsverschiebungen sind eine zwangsläufige Folge der eingangs beschriebenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die dadurch notwendige Grundsteuerreform musste zwangsläufig zu Belastungsverschiebungen führen. Eine Nachfolgeregelung, welche darauf abgezielt hätte, genau die bisherigen Ergebnisse in der Steuerbelastung eines jeden einzelnen Steuerpflichtigen nachzubilden, wäre absehbar wiederum rechtswidrig gewesen. Darüber hinaus ist die Höhe der Belastungsverschiebungen im Bereich der Grundsteuer B auch Ausdruck des Bodenwertmodells des Landesgrundsteuergesetzes, bei dem die Gebäudewerte nicht berücksichtigt werden. Da ausschließlich die Bodenwerte maßgeblich sind, führt bspw. eine Bebauung mit einem hochwertigen Neubau zu keiner höheren Grundsteuerbelastung für den Steuerpflichtigen, andererseits führt jedoch auch ein eher einfaches und altes Gebäude für den entsprechenden Steuerpflichtigen nicht zu einer geringeren Grundsteuerbelastung.
Da eine Gemeinde nach dem LGrStG wie auch im Bundesmodell nur jeweils einen Hebesatz für die Grundsteuer A und B bestimmen kann, besteht kein Spielraum dafür, auf die Veränderungen der Messbeträge alt / neu für einzelne Steuerpflichtige, Grundstücke, Grundstücksarten, Quartiere, Gebiete oder Ortsteile und die sich daraus ergebenden Belastungsverschiebungen mit einer näher zu konkretisierenden Hebesatzgestaltung einzugehen. Die Gemeinde selbst kann also die Verwerfungen und zum Teil massive Verschiebungen unter den Grundstücksarten nicht verhindern oder beeinflussen.
Die deutlichsten Mehrbelastungen liegen bei den unbebauten Grundstücken, die stärksten Entlastungen erfahren die Eigentümer von Geschäftsgrundstücken. Während die Eigentümer von Einfamilienhäusern trotz eines vom Landesgesetzgeber eingeräumten Abschlags von 30% mit einer höheren Grundsteuer belegt werden, fällt sie bei Zweifamilienhäusern und Mietwohngrundstücken künftig geringer aus.
Ihre Gemeindeverwaltung Eningen unter Achalm
Steueramt